PRESSEINFORMATION DES OSTFRIESISCHEN LANDESMUSEUMS EMDEN

zur neuen Sonderausstellung: Sie waren unter uns - Fremd- und Zwangsarbeiter in Emden 1933-1945

26.2. – 6.5.2012, Pelzerhäuser 11+12

Während des Zweiten Weltkriegs wurden auch in Emden Arbeitskräfte aus Gebieten eingesetzt, die von Deutschen besetzt waren. Sogenannte Fremdarbeiter wurden anfangs in den Niederlanden durch die dortigen Arbeitsämter für Arbeitseinsätze im Deutschen Reich angeworben. Sie hatten die Möglichkeit, an Wochenenden ihre Familien zu besuchen oder sich in Emden relativ frei zu bewegen. Unter ganz anderen Bedingungen als die Fremdarbeiter mussten Zwangsarbeiter aus Polen und Russland arbeiten. Von den Nationalsozialisten als „Untermenschen“ bezeichnet, wurden sie nach Bombenangriffen unter Bewachung zu Aufräumarbeiten gezwungen. Zwangsarbeiter waren zudem auf den Werften und in der Landwirtschaft tätig. Unmenschliche Arbeitsbedingungen und mangelhafte Unterbringung forderten zahlreiche Menschenleben unter ihnen.
1935 wurde der aus dem Freiwilligen Arbeitsdienst der Weimarer Republik entstandene Reichsarbeitsdienst (RAD) zur Pflicht für alle jungen Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Seitdem wurde auch die deutsche Jugend zur Arbeit in sozialen und landwirtschaftlichen Bereichen gezwungen. Ohne Ableistung des RAD konnte niemand eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Gleichzeitig diente der nach militärischem Vorbild organisierte halbjährige Dienst als Vorbereitung auf den Einsatz im Zweiten Weltkrieg.

Die Ausstellung „Sie waren unter uns“ dokumentiert einen wichtigen und bislang wenig bekannten Aspekt in der Geschichte Emdens im 20. Jahrhundert. Anhand von Fotografien, Akten sowie Zeitzeugenberichten und -interviews wird das Schicksal von Fremd- und Zwangsarbeitern in Emden beleuchtet.

Die Ausstellung und ein Begleitbuch wurden als Kooperationsprojekt vom Ostfriesischen Landesmuseum Emden, dem Stadtarchiv Emden, dem Bunkermuseum Emden, der Ubbo-Emmius-Gesellschaft und den Berufsbildenden Schulen II Emden erarbeitet.
Das Ostfriesische Landesmuseum Emden und das Stadtarchiv Emden bilden im Wesentlichen gemeinsam das historische Gedächtnis der Stadt und verfolgen die Erforschung und Darstellung geschichtlicher Themen aus allen Epochen.
Die Mitarbeiter des Bunkermuseums beschäftigen sich in erster Linie mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs und den zahleichen Bunkerbauten in Emden, die noch heute das Stadtbild prägen und teilweise zur ältesten Bausubstanz in der neu aufgebauten Stadt gehören. Ein Großteil der Bunker, die dafür sorgten, dass bei über 100 Luftangriffen nur wenige Einwohner ums Leben kamen, wurde zunächst mithilfe von westeuropäischen Fremdarbeitern geplant und gebaut. Später mussten auch osteuropäische Kriegsgefangene, zum Teil unter unmenschlichen Bedingungen, helfen, die Schutzbauten für die Zivilbevölkerung zu errichten, ohne selbst Anspruch zu haben, bei Luftangriffen in die Bunker hinein gelassen zu werden.
Die Mitglieder der Ubbo-Emmius-Gesellschaft für historisch-politische Forschung in der Ems-Dollart-Region beschäftigen sich seit vielen Jahren etwa mit der Erforschung von Gräbern auf Emder Friedhöfen, in denen Fremd- und Zwangsarbeiter, die zum Teil gewaltsam zu Tode kamen, beerdigt wurden.
Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufen 12 und 13 des Beruflichen Gymnasiums der BBS II Emden (Ayaovi Bamezon, Armend Berisa, Adrian Bieneck, Lisa Bruinjes, Griet-Kathrin Clemens, Irfan Djokovic, Marianne Freymuth, Florian Hübner, Iris Lau, Jan Peters, Maike Saathoff, Nele Sanders, Malte Schoon, Svenja Schultz, Maren Söhrich, Martin Treue, Lisa van Vügt) haben acht Zeitzeugen zu ihren Erinnerungen an Fremd- und Zwangsarbeiter befragt und für die Ausstellung ausgewählten Passagen aus diesen Interviews zusammengestellt.
Namen der Zeitzeugen:
Jan Meyer, Emden
Ewald Ahlrichs und Foline Ahlrichs, Emden
Bernhard Schoof und Jurine Schoof, Emden-Petkum
Elisabeth Dirks, Emden
Konrad Schröder, Emden
Bernhard Brahms, Emden

Begleitend zur Ausstellung wird ein Buch zum Preis von € 15,00 erscheinen, in dem in unterschiedlichen Textformen verschiedene Aspekte der Fremd- und Zwangsarbeit während des Dritten Reichs beleuchtet werden.

Überblick über den Inhalt:

• Rolf Uphoff [Leiter des Stadtarchivs Emden], Sie waren unter uns. Das System der Zwangsarbeit in Emden 1933 – 1945
• Christian Röben [Projekt-Mitarbeiter des Ostfriesischen Landesmuseums Emden], Leben in der Zwangsarbeit [Konzentrationslager in Nordwestdeutschland; Umgang mit Fremd- und Zwangsarbeitern]
• Dietrich Janßen [1. Vorsitzender des Bunkermuseums Emden], Wer baute die Emder Bunker? KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene, Zwangs- und Fremdarbeit in Emden
• Aiko Schmidt [Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Ostfriesischen Landesmuseums Emden], „Das sozialistische Heer der Ehre der Arbeit marschiert“ – Der Reichsarbeitsdienst (RAD)
• Gero Conring [Geschichtslehrer an den Berufsbildenden Schulen II Emden], Sie waren unter uns! Erzählte Geschichte als Schulprojekt der BBS II Emden Jahrgangsstufen 12 und 13 des Beruflichen Gymnasiums der BBS II Emden, Interviews mit Zeitzeugen
• Michael Skoruppa [Mitglied der Ubbo-Emmius-Gesellschaft], Zwangsarbeiter fremdländischer Herkunft im Zweiten Weltkrieg und ihre Gedenkstätten
• Griet-Kathrin Clemens [Schülerin der BBS II Emden], Trümmerjungs. Erzählerische Bearbeitung eines Verbrechens an fünf ukrainischen Zwangsarbeitern
• Ausländische Fremd- und Zwangsarbeiter, die in Emden ihr Leben verloren oder beerdigt wurden