Die Neugestaltung. Das alte Rathaus in neuem Gewand

Ostfriesisches Landesmuseum Emden – Europäisches Regionalmuseum

Der Anspruch

Stadt- und Heimatmuseen entstanden einst aus dem Engagement der Bürger für ihre Stadt, aus dem Wunsch heraus, Objekte und Geschichten, Zeitzeugen und Zeitzeugnisse für die Nachwelt zu erhalten. Auch die Bestände des heutigen Ostfriesischen Landesmuseums Emden haben eine solche Genese: Sie gehen vorwiegend auf Sammlungen der 1820 gegründeten „Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer e.V.“ und der Stadt Emden (Rüstkammer) zurück. War zunächst das Interesse hauptsächlich auf die Bewahrung der bildenden Kunst (Ölgemälde, Grafiken, Kupferstiche und Plastik) ausgerichtet, so rückte auch bald die kulturhistorische Seite der ostfriesischen Geschichte in den Vordergrund. Über Jahrzehnte entstand eine durch Ankäufe und Schenkungen gewachsene, bedeutende kunst- und kulturhistorische Sammlung. Die Gesellschaft für bildende Kunst trug so wesentlich dazu bei, das künstlerische und kunsthandwerkliche Erbe der Stadt und ihrer Nachbarregionen zu erhalten.

Ein Ausstellungsgebäude für die Sammlungspräsentation gab es seit 1870 in der Großen Straße, das bereits 1877 durch einen Anbau erweitert wurde. Nach dem 2. Weltkrieg zog das Museum dann an einen prominenten und geschichtsträchtigen Ort: in das neu aufgebaute Rathaus am Delft. Die Gestalt des Museums und die Präsentation seiner Sammlungen blieb bis zum Sommer 2003 weitgehend der Gesamtkonzeption des Bremer Architekten Bernhard Wessel verpflichtet, der das Rathaus 1959–1962 in Annäherung an den Renaissance-Vorgängerbau wieder errichtet hatte. Mittlerweile war der bauliche Zustand des Hauses aber renovierungs- bzw. sanierungsbedürftig, und die Präsentationsform der Sammlungen musste inhaltlich und gestalterisch überarbeitet werden.

Seit 1998 sind umfangreiche Maßnahmen ergriffen worden, um das Haus auf einen dem Rang seiner Sammlungen angemessenen Stand zu heben: Die kontinuierliche Arbeit mit einem internationalen wissenschaftlichen Museumsbeirat sichert die angestrebte Qualität und vernetzt das Haus mit angesehenen Experten und Institutionen. Anspruchsvolle Sonderausstellungen, die größtenteils aus eigenen Beständen gespeist werden konnten, sowie eine inhaltlich und gestalterisch auf hohem Niveau angelegte Publikationsreihe machten das Haus schon überregional bekannt.

Der Erwerb und damit verbunden die Umnutzung und Herrichtung eines umfangreichen Außendepots mit 2000 qm Fläche mit Werkstätten war schließlich im Jahr 2002 eine weitere existentielle Voraussetzung für die weiteren Planungen.

Die Professionalisierung und erste Modernisierung des Museums mündete in der Durchsetzung einer inhaltlichen und gestalterischen Neukonzeption des Hauses, in weit reichende Umbaumaßnahmen des Wesselschen Rathauses und eine insgesamt veränderte inhaltliche Perspektive: Die im Sammlungsbestand fundierte Ausrichtung auf europäische Beziehungen und Dimensionen wurde hervorgehoben, das ganze Haus auf ein überregionales Publikum ausgerichtet. Nach intensiven wissenschaftlichen Vorbereitungen und den Finanzierungszusagen durch öffentliche und private Förderer wurde die Neukonzeption fortan mit straffem Zeitplan vorangetrieben.

Im Rahmen eines europaweit ausgelobten Realisierungswettbewerbes im Jahr 2001 erhielten die Hannoveraner Architekten Roger Ahrens und Gesche Grabenhorst verbunden in einer synchronen Arbeitsgemeinschaft mit dem Berliner Ausstellungsbüro Iglhaut und Partner den Auftrag für die Umgestaltung des denkmalgeschützten Rathauses am Delft. Architekten, Ausstellungsmacher und Museumskuratoren in Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden arbeiten zusammen bei der baulichen und inhaltlichen Neugestaltung des Hauses. Im Juni 2003 war Baubeginn, am 4. und 6. September 2005 wurde das Museum als ein Europäisches Regionalmuseum bereits glanzvoll wieder eröffnet.